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Kunstmuseum Winterthur:

Der Zürichsee mit dem Üetliberg

Meyer – Uetliberg

Conrad Meyer
Der Zürichsee mit dem Uetliberg, von Stadelhofen aus gesehen, um 1655

Graphitstift, Pinsel und Feder in Grau, grau und hellbraun laviert, aquarelliert, auf Papier, Randlinien mit Graphitstift, 18 x 31,3 cm, Kunsthaus Zürich, Grafische Sammlung, Geschenk Johann Jakob Meyer, 1840

1655 war ein besonderer Gast in Zürich: der niederländische Landschaftsmaler Jan Hackaert, der uns auch als sitzende Figur in der grossen Löntschtal-Zeichnung begegnet. Für den an der Natur und der niederländischen Kunst so interessierten Conrad Meyer war dies eine einmalige Gelegenheit, sich direkt mit einem holländischen Künstler über Malerei auszutauschen und gemeinsam mit ihm zu arbeiten – und dies am liebsten unter freiem Himmel. Der junge Hackaert wiederum wird es geschätzt haben, vom führenden Maler der Stadt in Empfang genommen worden zu sein und an dessen Seite die lokale Umgebung, für die er sich offensichtlich interessierte, erkunden zu können. Zahlreiche Zeichnungen der beiden zeigen, dass sie des Öfteren zusammen Ausflüge unternahmen, um draussen zu zeichnen. Zunächst führten sie ihre Touren ins nahe Umland; vor die Stadtmauern an den See oder bis nach Herrliberg, wo die gern gesehenen Gäste einheimische Persönlichkeiten trafen.

Hackaert - Uetliberg

Jan Hackaert
Blick vom Stadelhofen gegen Westen mit Albiskette und dem Uetliberg, Mai 1655
Feder in Braun, braun- bis blaugrau laviert, 45,5 x 57,5 cm, Österreichische Nationalbibliothek, Wien, 389.030-F. K., Bd. 13:22, fol. 54–55

Ein frühes Zeugnis dieses kollegialen Wirkens ist die Ansicht des Zürichsees mit dem Uetliberg, denn er wurde von beiden Künstlern gezeichnet. Ihr Standort befand sich in der Nähe des heutigen Bellevues am Ufer des Sees, neben der damaligen Stadtbefestigung. Wie der Ausblick auf den Berg, die wiedererkennbaren Steinbrocken am Ufer und der angeschnittene Turm rechts belegen, sassen sie an derselben Stelle. Ihre Ausführungen sind trotz der ähnlichen Disposition sehr verschieden und verweisen auf den – auch im übertragenen Sinne – jeweils eigenen Blickwinkel auf die Gegend.

Das Blatt von Meyer und sein Pendant von Hackaert sind sprechende Dokumente dafür, wie zwei unterschiedliche Künstler Mitte des 17. Jahrhunderts Seite an Seite arbeiteten und wie in diesem engen Austausch die Landschaft jeweils anders rezipiert wurde. Meyers Interesse richtete sich auf die Topographie seiner Umgebung im Sinne eines Studienobjekts, das er darum auch beschriftete. Für Hackaert ist sie eine unbekannte Gegend, deren Aussehen er gewissenhaft und gleichzeitig bildmässig festhalten will. Was sie eint, ist die Suche nach Motiven in der freien Natur, die nicht einem wissenschaftlichen oder repräsentativen Zweck unterliegt, sondern sich einzig aus künstlerischer Neugier speist.