Heimsuchung Mariens

Conrad Meyer
Mariä Heimsuchung, 1663
Rötel und schwarze Kreide, 44,1 x 29,8 cm, Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung
Conrad Meyer war sein sehr gläubiger und frommer Mensch. Dies lesen wir nicht nur in seinen Selbstäusserungen, sondern es zeigt sich auch in seinen zahlreichen Darstellungen biblischer Szenen, die oft mit moralischem Unterton belegt sind.
Gleichzeitig war er sehr kunstinteressiert und konnte sich für verschiedenste Strömungen und Richtungen begeistern. Beides kommt auf dieser wunderbaren Rötelzeichnung zusammen. Sie ist nach einer Vorlage geschaffen, einem Stich des Niederländers Gijsbert van Veen, der wiederum nach einem Gemälde des italienischen Malers Federico Barocci (ca. 1535–1612) entstand. Das Altargemälde befindet sich heute noch in der Kirche Santa Maria in Vallicella in Rom, wo auch die berühmte Grablegung von Caravaggio zu sehen ist.

Federico Barocci
Mariä Heimsuchung, 1583–1586
Öl auf Leinwand, 300 x 169 cm
Santa Maria in Vallicella, Rom

Gijsbert van Veen, nach Federico Barocci
Mariä Heimsuchung, 1588
Kupferstich, 42,2 x 29,2 cm
Rijksmuseum Amsterdam
Dargestellt ist die sogenannte Heimsuchung Mariens. In dieser Szene aus der Bibel besucht Maria, die eben erst erfahren hat, dass sie mit Jesus schwanger ist, ihre Verwandte Elisabeth. Diese wiederum ist mit Johannes dem Täufer schwanger, und der Legende nach haben die beiden Babys bei dieser ersten Begegnung fröhlich gehüpft. Elisabeth begrüsste Maria dabei mit den berühmten Worten: «Gesegnet bist du mehr als alle anderen Frauen, und gesegnet ist die Frucht deines Leibes.» Diese antwortete mit einem Loblied, dem Magnificat. Begleitet werden sie von Josef und einer Magd mit zwei Tauben im Vordergrund und hinten sieht mann Elisabeth Mann, den Priester Zacharias.
Interessant ist die Kombination der Techniken, die Conrad Meyer für seine Zeichnung einsetzte. Der grösste Teil ist mit dem Rötel gearbeitet, einer rötlichen Mineralfarbe, die gerade im Barock sehr beliebt war und sich besonders für feine Figurendarstellung eignet. Für die Gestaltung der Haare wiederum griff er zur schwarzen Kreide. Diese verwendete er auch für ein paar Konturlinien und Schattenpartien. Weil ihm aber die Plastizität der Figuren mit dem Rötel schon so gut gelungen war, brauchte er das dunkle Medium fast gar nicht mehr.