Schipf in Herrliberg

Conrad Meyer
Ansicht der Schipf in Herrliberg, vom Winkel in Erlenbach aus
Öl auf Leinwand, 116 x 149 cm, Privatbesitz
In diesem prachtvollen Gemälde zeigt Meyer die Schipf in Herrliberg, das Landgut seines Mäzens Hans Georg Werdmüller (1616–1678), welches diesem 1638 in einer Erbteilung zufiel. Vom Standort Winkel in Erlenbach blickt man über die kleine Bucht auf die Schipf in Herrliberg. Das Licht deutet die Morgenstimmung eines Sommertags an. Im Vordergrund liegen Fischerboote am Ufer, und ein Händler bietet einer Frau mit Spinnrocken ein Bündel Vögel zum Kauf an.
Aufgrund des Motivs – das Sommerhaus eines Mäzens – liegt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um einen Auftrag von Hans Georg Werdmüller handeln könnte. Werdmüller war ein wichtiger Förderer von Conrad Meyer und der Künste in Zürich allgemein. Beruflich war er Feldzeugmeister und Militär-Ingenieur, er plante unter anderem die Schanzen in Zürich, ein gigantisches Grossprojekt, an dem drei Jahrzehnte lang gebaut wurde.
Conrad Meyer war sozusagen der «Hauskünstler» von Werdmüller, und dieser war es auch, der den holländischen Maler Jan Hackaert bei sich beherbergte, mit dem Conrad Meyer seine Alpenreise unternahm. Auf der grossen Löntschtal-Zeichnung von Meyer sehen wir neben dem Niederländer noch einen weiteren, jungen Zeichner. Hier handelt es sich um den Sohn des Mäzens, der bei Meyer in die Lehre ging und den sie offensichtlich mit in die Berge genommen hatten.

Conrad Meyer
Johann Rudolf Werdmüller mit 40 Jahren, 1654
Schwarze Kreide, weiss gehöht, 21,6 x 18,8 cm, Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung
Die Werdmüllers
Zwischen den Familien Werdmüller und Meyer bestand ein mehrere Generationen umspannendes Auftragsverhältnis. Schon Conrads Vater porträtierte Mitglieder der Werdmüller’schen Familie, die in der Textilfabrikation und im Handel von nationaler Bedeutung waren. Im Verlauf des 17. Jahrhunderts verschob sich ihre Tätigkeit zusehends von der Wirtschaft zur Politik und zum Militär. Die mäzenatische Tradition blieb jedoch erhalten, insbesondere die Förderung der Malerei wurde gepflegt. Im Alten Seidenhof richteten sie einen Bildersaal ein, mit einer stetig wachsenden und über Zürichs Grenzen hinaus bekannten Sammlung, mit Werken von Meistern wie Hans Holbein und Claude Lorrain.
Von Hans Georg Werdmüller hat sich leider kein Porträt erhalten, dafür aber eine schöne Porträtzeichnung seines Bruders Johann Rudolf, der Offizier war.